Sonntag, 27. April 2014

Deutsche entführten William Shakespeare!

Foto: Wikimedia Commons / {{PD-1923}} 

Diese Woche hat William Shakespeare Geburtstag.
Er wurde vor 450 Jahren geboren.
Zeitungen und Radio berichten über ihn.
Es gibt auch neue Bücher über Shakespeare.
Eines davon hat Frank Günther geschrieben.

Frank Günther ist Übersetzer.
Er übersetzt Shakespeare in modernes Deutsch.
Das macht er schon seit vielen Jahren.
Die meisten Theater spielen heute seine Übersetzungen.




Bild: Frank Günther, 2013, Universität Heidelberg.
Foto: smalltown boy / Wikimedia commons


Frank Günther hat einen Kriminal-Fall aufgedeckt.
Er sagt:
Die Deutschen haben Shakespeare entführt.
Das war vor 200 Jahren.
Und deutsche Schriftsteller haben die Entführung vorbereitet.
Sogar Goethe hat mitgemacht!

Wie konnte das passieren?

Es kam so:
Die Schriftsteller liebten Shakespeares Stücke.
Sie dachten:
Alle Menschen müssen Shakespeare kennen lernen.

Es gab schon Übersetzungen ins Deutsche.
Aber sie waren nicht gut.
Die Sprache war nicht schön.
Sie hatte keinen Rhythmus.
Viele Teile fehlten.
Respektlose Witze und Sex-Ausdrücke fehlten auch.

Die Schriftsteller dachten:
Wir brauchen Shakespeare komplett. 
Sonst versteht man ihn nicht.
Und wir brauchen ihn in gutem Deutsch.
Es muss ganz natürlich klingen,
so wie ein deutscher Text.

Friedrich Schlegel begann mit der Arbeit.
Er schaffte nicht alles allein.
Andere Übersetzer machten mit.
Vor allem Dorothea Tieck und Wolf Graf Baudissin.

Die Arbeit war schwer.
Shakespeare hatte viel Phantasie.
Er benutzte viele Wortspiele. 
Und viele derbe Ausdrücke.
Sie standen nicht im Wörterbuch.
Manche davon hatte er selbst erfunden.

Aber Schlegel, Tieck und Baudissin schafften es.
Sie fanden passende Wörter,
passende Bilder
und einen guten Rhythmus.

Manchmal mussten sie das Passende neu erfinden.
So kamen neue Ausdrücke in die Deutsche Sprache.
Zum Beispiel:
"Es ist höchste Zeit!"
oder
"Liebe macht blind."
oder 
"Die Sache löst sich in Luft auf."
Diese Ausdrücke benutzen wir heute alle.

Die Übersetzungen wurden ein Riesen-Erfolg.
Die Deutschen verliebten sich in Shakespeare.
Sie lasen seine Stücke
und sahen sie im Theater.
Shakespeare wurde der dritte "Deutsche Klassiker",
zusammen mit Goethe und Schiller.

Am meisten liebten die Leute Hamlet.
Sie dachten:
"Hamlet ist wie wir."
Damals hatten die Deutschen große politische Probleme.
Wie Hamlet.
Aber sie lösten die Probleme nicht.
Sie konnten sich nicht entscheiden.
Wie Hamlet.
Deshalb sagte man:
"Deutschland ist Hamlet!"

So kamen die Deutschen auf eine verwegene Idee:
Sie dachten:
"Shakespeare versteht uns.
Und wir verstehen Shakespeare.
Wir verstehen ihn besser als die Engländer.
Shakespeare gehört uns!"

Berühmte Leute haben das nicht nur gedacht,
sondern auch geschrieben.
Frank Günther sagt: 
"Das war ein richtiges Kidnapping!"

Nun ja. Liebe macht blind...

Und damals war die Zeit des Nationalismus.
Die Leute dachten:
"Wir sind sowieso besser als alle anderen."
Heute geben wir es zu:
Shakespeare war ein Engländer.


Aber: 
Als ich zur Schule ging, 
hat man Shakespeare nicht nur in Englisch, 
sondern auch
im Deutsch-Unterricht besprochen.
Und deutsche Theater spielen auch heute mehr Stücke von Shakespeare
als von jedem anderen Schriftsteller.












Das Buch von Frank Günther heißt:
"Unser Shakespeare."
Und seine Übersetzungen gibt es zwei-sprachig:
Deutsch und Englisch.
Hier finden Sie mehr Informationen:
http://www.dtv.de/special/450_jahre_shakespeare/1852/
Foto: dtv-Verlag. Siehe Website.



Samstag, 26. April 2014

Die kluge Gretel

Ein Märchen der Brüder Grimm.


Die Köchin Barbara Stohmayer
Foto: Stadtbibliothek München. Siehe unten



Es war einmal eine Köchin,
die hieß Gretel.
Sie hatte rote Schuhe.
Wenn sie damit spazieren ging, dachte sie:
„Gretel, du bist doch ein hübsches Mädchen!“











Eines Tages sagte ihr Herr:
"Gretel, heute Abend kommt Besuch.
Zum Essen will ich Brat-Hühnchen haben.
Gib Dir besonders viel Mühe!"

Gretel nahm zwei schöne Hühner,
bereitete sie gut vor,
tat Gewürze daran
und steckte sie auf einen Spieß.
Dann legte sie den Spieß über das Feuer.
Sie setzte sich neben das Feuer.
und drehte den Spieß.

Fünf Hühner an einem Spieß. Rechts sitzt jemand und dreht den Spieß.
Foto: Bodleian Library Oxford. Siehe unten.


Das Feuer war heiß.
Gretel bekam Durst.
Sie dachte:
„Zum Essen gibt es Wein.
Ich will ihn aus dem Keller holen.“

Im Keller sagte Gretel zu sich selbst:
„Ich will zuerst wissen, ob der Wein gut ist.
Ich werde ein bisschen trinken“
Sie füllte einen Becher
und sagte:
„Gott soll es dir segnen, liebe Gretel!“
Bild: Ein Wein-Krug
Foto: Walters Art Museum. Siehe unten


Sie trank einen Schluck.
„Schmeckt der Wein wirklich gut?
Ich weiß es nicht.
Ich habe zu wenig getrunken“.
Gretel trank noch einen großen Schluck.
Dann nahm sie einen Krug Wein
und ging in die Küche.






In der Küche duftete es köstlich.
Die Hühner wurden schon braun.
Aber der Gast war noch nicht gekommen.

Gretel sagte zu ihrem Herrn:
„Die Hühner werden schon braun.
Wenn der Gast jetzt nicht kommt,
muss ich die Hühner vom Feuer wegnehmen.
Aber das ist schade.
Denn jetzt sind sie besonders saftig.“

Da antwortete der Herr:
„Du hast recht, Gretel.
Ich werde gehen und den Gast holen.“
Er zog seinen Mantel an
und ging aus dem Haus.

Gretel ging zurück in die Küche.
Dort stand der Wein-Krug.
Sie trank noch einen guten Schluck.

Die Hühner dufteten immer besser.
Sie waren herrlich braun.
Gretel dachte:
„Die Flügel verbrennen bald.
Das wäre schade.“
Sie trank noch einen herzhaften Schluck Wein
und sagte zu sich:
„Die Köchin muss wissen, wie das Essen schmeckt.
Einen Flügel will ich probieren.“


Der Flügel schmeckte köstlich.

Gretel dachte:
„Nun sieht das Huhn komisch aus.
Ich will den anderen Flügel auch essen.
Dann sind beide Seiten wieder gleich.“

Auch der andere Flügel war köstlich.
Gretel probierte zur Sicherheit noch ein Bein,
und noch ein Bein,
und dann
aß sie das Huhn auf.

Nach dem Essen trank sie einen ordentlichen Schluck Wein
und sagte:
"Die Hühner gehören zusammen.
Wo ein Huhn ist, soll auch das andere sein."
Sie aß das andere Huhn,
und trank noch einen anständigen Schluck Wein.

Foto: Beinecke Library, Yale, CC BY SA 2.0. 
Bild: Ein Mann wetzt ein Messer





Der Herr kam nach Hause.
„Gretel, der Gast ist unterwegs.
Er wird gleich da sein.
Stell das Essen auf den Tisch!
Ich will die Hühner dann zerschneiden“

Er nahm sein Messer.
Das Messer war nicht mehr scharf.
Deshalb wetzte er es.
Das machte ein lautes Geräusch.


Da kam der Gast.

Er klopfte an die Türe.
Der Herr hörte ihn nicht.
Aber Gretel hörte ihn.
Sie lief zur Türe und sagte leise:
„Vorsicht! Gehen Sie schnell weg!
Mein Herr will Ihre Ohren abschneiden.
Hören Sie nur:
Er wetzt schon das Messer!“

Der Gast hörte das Geräusch.
Er erschrak sehr
und lief weg.

Gretel ging zu ihrem Herrn.
„Da haben Sie aber einen schönen Gast eingeladen!
Er hat beide Hühner gestohlen
und ist weggelaufen!“

Der Herr dachte:
"Was, beide Hühner sind fort?
Konnte der Gast nicht eines für mich übrig lassen?"
Mit dem Messer in der Hand sprang er auf die Straße.
Er lief dem Gast nach
und rief laut:
„Nur eines! Nur eines!“

Der Gast aber dachte:
„Hilfe, er will eines von meinen Ohren abschneiden!“

Und rannte noch schneller.


Alle Fotos sind von Wikimedia Commons. 

Köchin: Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung, Band 2. Nürnberg 1550–1791. Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 317b.2°,  via http://www.nuernberger-hausbuecher.de/
Fünf Hühner am Spieß: Romance of Alexander, Brügge, 1338-1344, Bodleian Library Oxford Oxford, MS 264 fol 170v
Weinkrug:  Walters Art Museum No. 54.947 thewalters.org


Dienstag, 22. April 2014

Gummibärchen


Foto: Magnus Manske


Das sind Gummi-Bärchen.
Gummi-Bärchen kann man essen.
Sie sind süß.

Bärchen bedeutet: Kleiner Bär.
Das ist ein großer Bär...
Foto: Cephas/Wikimedia Commons
















Foto: Yjg/ Wikimedia Commons







....und das ist Gummi.



Gummi kann man nicht essen.
"Gummi" bedeutet hier:



Foto: Institute for Web Science and Technologies, 
University of Koblenz-Landau



 

Die Bärchen sind weich.
Wenn man drückt, dann werden sie kleiner.
Wenn man los lässt, werden sie wieder groß.





 

Wie macht man Gummi-Bärchen?


Man macht sie aus Frucht-Saft, Zucker und Gelatine.
(oder aus Wasser, Zucker und Gelatine, mit Farbstoff und Aroma).

Gelatine wird aus Schweinen gemacht.
Manche Leute essen das nicht.
Für diese Leute gibt es Bärchen ohne Gelatine.
Sie schmecken anders.
Aber auch gut.


Woher kommen die Gummi-Bärchen?


Gummi-Bärchen gibt es in vielen Ländern.
Aber ihre Heimat ist Deutschland.
Hans Riegel aus der Stadt Bonn hat sie erfunden.
Er hat das erste Gummi-Bärchen gemacht.
Das war im Jahr 1922.


Bild: Das Gummi-Bärchen ist ein
deutsches Kultur-Monument
Foto: Brücke-Osteuropa / Wikimedia Commons

Hans Riegel hatte eine Firma.
Die Firma Haribo.
Der Name kommt von "Hans Riegel, Bonn".
Die Firma Haribo macht bis heute Gummi-Bärchen.
 

Foto: Dalibri  /Wikimedia Commons



Das ist eine Tüte mit Gummi-Bärchen von Haribo.




 






Auch andere Firmen machen Gummi-Bärchen.
Zum Beispiel die Firma "Bären-Treff".
Sie macht Gummi-Bärchen aus Frucht-Saft,
und aus Chili...
aus Honig...
und aus vielen anderen Sachen.



Haben Gummi-Bärchen Gefühle?




Foto: Stammtisch 0510 / Wikimedia Commons

Kinder lieben Gummi-Bärchen.
Erwachsene auch.

Aber: 
Lieben die Gummi-Bärchen uns?
Sind sie glücklich bei uns?
Vielleicht nicht.....
Sehen Sie:


Foto: Institute for Web Science and Technologies, University of Koblenz-Landau

Eine Demonstration!
Man sagt auch: Eine Demo.
Warum demonstrieren die Gummi-Bärchen?
Sie wollen Freiheit!
Sie wollen nicht mehr in Tüten leben. 


Foto: Institute for Web Science and Technologies, University of Koblenz-Landau 

 Der Bär ruft:
"Weg mit den Tüten!"

Manche Menschen unterstützen die Gummi-Bärchen.
Sie benutzen Aufkleber für ihr Auto,
oder für ihr Fahrrad.
Zum Beispiel diesen Aufkleber:

Foto: privat



Auf dem Aufkleber steht:
Rettet die Gummibärchen.
Nicht kaufen!
Nicht essen!

Foto: Institute for Web Science and Technologies, University of Koblenz-Landau


Und : Auf Wiedersehen für heute!

Foto: Benjamin Mussler / Wikimedia Commons



Herzlich Willkommen!

Lernen Sie Deutsch?

Ja?
Dann ist dieser Blog für Sie.
Ich möchte Ihnen von Deutschland erzählen.
Ich schreibe in leichter Sprache.
So können Sie den Blog gut verstehen,
und Sie können Deutsch üben.

Foto: Paul Schimweg


Das bin ich.
Ich wohne in Hamburg.
Ich bin 55 Jahre alt.

Warum schreibe ich diesen Blog?

Ich lerne Koreanisch.
Ich möchte gerne etwas auf Koreanisch lesen.
Aber Bücher sind noch zu schwer für mich.
Ich kann nur im Lehrbuch lesen.
Das wird schnell langweilig.

Ich denke:
Viele Leute lernen jetzt Deutsch.
Vielleicht möchten sie auch etwas lesen.
Aber Bücher sind noch zu schwer für sie.
Deshalb will ich für sie schreiben.

Ich habe eine Freundin.
Sie kommt aus Korea.
Sie hat in München Deutsch studiert
und kann wirklich sehr gut Deutsch.
Einmal habe ich zu ihr gesagt:
Es ist unglaublich!!
Du sprichst Deutsch wie eine Deutsche.
Man hört keinen Unterschied.

Da hat sie geantwortet:
Ja, ich weiß.
Viele Leute haben das schon zu mir gesagt.
Aber ich selbst bemerke trotzdem einen Unterschied.
Manchmal sagt jemand etwas
und ich verstehe alle Wörter -
Aber ich verstehe nicht, 
warum die Person das jetzt sagt.
Was hat es mit den Dingen zu tun,  
über die wir gerade sprechen?

Es gibt Dinge, die man als Kind lernt.
Geschichten, Ausdrücke, Regeln...
Sie sind oft ganz einfach.
Jeder im Land kennt sie.
Aber wenn man aus einem anderen Land kommt,
kennt man sie nicht.
Und weil sie so einfach sind, 
lernt man sie auch nicht auf der Universität. 

In solchen Momenten fühle ich mich plötzlich sehr fremd!

Meine Freundin und ich haben uns ein paar Mal getroffen
und ich habe ihr Dinge erzählt, 
die ich als Kind gelernt habe:

Zum Beispiel:
  • Am Sonntag Nachmittag geht man auf Besuch. Dabei trinkt man Kaffee und isst Kuchen.
  • Ein Mann darf nur seiner Frau oder Freundin rote Rosen schenken.
  • Wenn man ein Geschenk gibt, muss man vorher das Preisschild abnehmen.
  • Zu einem Kasperl-Theater gehören Kasperl, Gretel, die Großmutter und ein Krokodil. 
  • Jedes Kind kennt Pixi-Bücher.
  • Es gibt ein Gedicht, das beginnt so: "Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind...". Dieses Gedicht ist eigentlich traurig. Aber manche Sätze aus dem Gedicht benutzen wir im Alltag. Und dann verändern wir sie so, dass sie sehr komisch werden.


Ein Kasperl-Theater. Man sieht Kasperl und einen Hund.
Foto: Erich Ferdinand / Wikimedia

Meine Freundin hat einige von diesen Dingen gewusst.
Aber von anderen hatte sie noch nie gehört. 
Ich habe gedacht:
Aha. Hier gibt es wirklich einen Bedarf.
Diese Dinge muss man auch einmal erzählen!

Das tue ich in diesem Blog.





Leichte Sprache


Es gibt eine neue Bewegung in Deutschland:
Die Bewegung für leichte Sprache.

Ihr Ziel ist:
Jeder soll Texte verstehen können.
Auch diese Menschen:

  • Menschen, die nicht so gut lesen können.
  • Menschen, die langsam lernen.
  • Menschen, die alt sind und alles schnell vergessen.
  • Und Menschen, die noch nicht gut Deutsch können.

Für leichte Sprache gibt es Regeln.
Das "Netzwerk Leichte Sprache" hat sie gemacht.

Die meisten Regeln gefallen mir.
Diese Regeln benutze ich.
Einige Regeln gefallen mir nicht.
Die benutze ich nicht.

Und manchmal benutze ich schwere Sprache.
Aber wenn ich das tue, 
dann sage ich es vorher.
 :-)

Hier kann man die Regeln für leichte Sprache lesen: 
http://www.leichtesprache.org